Precht: Zeitenwende? - Die Welt nach dem Kriegsschock

interscience film im Auftrag des ZDF
15. Mai 2022, 23:55 Uhr, ZDF
Verfügbar in der ZDF Mediathek ab 15.05.2022, 08:00 Uhr

Richard David Precht im Gespräch mit Ivan Krastev.

Fällt Europa nach dem Angriff auf die Ukraine in eine Epoche zurück, die überwunden schien? Darüber spricht Richard David Precht mit dem Politologen und Politikberater Ivan Krastev.

Die Welt vor dem 24. Februar 2022 schien endlich akzeptiert zu haben, welche unaufschiebbaren Aufgaben anstehen: Klimarettung, soziale Gleichheit, eine nachhaltigere und humanere Wirtschaft. Dann kam der Krieg. Stehen wir vor einer globalen Zeitenwende?

Seit Putins Überfall auf die Ukraine reden wir fast ausschließlich über Waffenlieferungen, Sanktionen, zivile Opfer, Kriegsverbrechen und gar einem drohenden Atomkrieg. Dazu kommen die globalen Nebenwirkungen des Krieges: Inflation, Energie-, Material- und Nahrungsmittelknappheit - manche Teile der Welt sind bereits von einer Hungerkatastrophe bedroht.

Binnen weniger Wochen findet sich die westliche Welt im Kriegsmodus wieder. Die dringende Agenda des 21. Jahrhunderts scheint im Bombenhagel von Mariupol bedeutungslos geworden zu sein. Und mit ihr das Selbstverständnis für eine Weltgemeinschaft, freien Handel oder verbindliche Menschenrechte.

Was eine weltweite tödliche Pandemie nicht geschafft hat, ist einem einzigen Diktator gelungen: Präsident Putin hat unsere hoch entwickelte Zivilisation an den Rand der Barbarei geführt. Weder die UN noch irgendeine andere Instanz haben das verhindern können. Und angesichts der Grausamkeit des Krieges zeigt sich eine große Mehrheit davon überzeugt, dass man sich dem Aggressor auf militärischer Ebene entgegenstellen muss. Ein Pulverfass mitten in Europa. Eine fundamentale Bedrohung der Demokratie. Welche Szenarien einer neuen politischen Weltordnung sind nach diesem Ereignis denkbar?