Gero von Boehm begegnet… Horst Eberhard Richter

15.01.2007, 22.25, 3sat

Der als Vaterfigur der 68er Studentenbewegung beschriebene Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter begeistert seit einigen Jahren auch deren Enkel. Bei Kundgebungen gegen den Irak-Krieg oder Aktionen der Attac-Bewegung, seine Botschaften werden wieder gehört – „auch wenn mich manche schon abgeschrieben hatten“, sagt der mittlerweile 83jährige Richter. Unbeirrt redet und schreibt der überzeugte Pazifist vor allem gegen die „organisierte Unmenschlichkeit“ des Krieges an. Eigene Kriegserfahrungen und die atomare Bedrohung machten ihn schon zu Beginn der 80er Jahre zum Mitbegründer der deutschen Sektion der Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW). Auch die damals aufkommende Ökologie-Bewegung unterstützte er tatkräftig. Zuvor hatte sich Richter bereits als Pionier der psychoanalytischen Familienforschung und Familientherapie auch international einen Namen gemacht. 1962 wurde der in Berlin geborene Wissenschaftler auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Psychosomatik an der Universität Gießen berufen. Stolz ist er vor allem auf seine Mitwirkung an der Psychiatrie-Reform der 70er Jahre und seine Arbeit am Gießener „Eulenkopf“, eine Obdachlosensiedlung, in der er mit Stundenten mehr als zehn Jahre gearbeitet hat, um sie in einen menschenwürdigen Ort zu verwandeln. Dort feierte er mit den Bewohnern 2003 auch seinen 80. Geburtstag. Nach der Emeritierung 1991 leitete Richter noch zehn Jahre lang das Frankfurter Sigmund-Freud-Institut und ging mit 79 Jahren in den Ruhestand. Als größtes Talent nennt Horst-Eberhard Richter neben seiner Einfühlung in andere Menschen und dem Umgang mit Gruppen seine „große Zähigkeit“.