Der Kapitalist Gottes

1. Dezember 2015, 21.15 Uhr, NDR

Ein Film von Felix von Boehm

Er war einmal einer der reichsten Deutschen. Doch im Sommer 2007 verschwindet der ehemalige Hedgefonds-Manager Florian Homm plötzlich spurlos und taucht für Jahre unter. Das FBI jagt ihn, in den USA drohen ihm bis zu 225 Jahre Haft, unter anderem wegen Verschwörung und Anlagebetrugs.

Jetzt will Homm ein zweites Leben anfangen. Er hat nach eigenen Angaben dem Geld abgeschworen und möchte die Menschen zu Bescheidenheit und dem Glauben an die Mutter Gottes bekehren. Was ist geschehen?

Eine kleine Dorfkirche im hessischen Oberursel. Florian Homm tritt ein, bekreuzigt sich und betet. Es ist still. Nichts ist zu hören. Homm hält regungslos den Kopf gesenkt und die Hände gefaltet. Die Geste der Einkehr passt so gar nicht zu dem Mann mit dem dröhnenden Lachen und den dicken Zigarren, der jahrelang das große Rad an der Börse gedreht hat. Es ist gerade einmal zwölf Jahre her, als Homm einer der großen Börsenstars war. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere verwaltet Homm Kundenvermögen von rund drei Milliarden Euro. Seine Spezialität sind unkonventionelle Anlagen und angstlose Investments.

„In Frankfurt gab es eine Reihe von Aktien, wo man sagte, ja, das sind Homm Aktien“, sagt Hauke Reimer von der Wirtschaftswoche. Homm selber beschreibt seine Strategie als schonungslos. „Wenn das Blut in den Straßen fließt, musst Du investieren. Puncto Gewissen kam nicht vor in meiner mathematischen Gleichung.“ Der Börsenboom macht Homm reich. Er ist ein Star, der Dandy der New Economy. „Meine Kunden haben in schlechten Börsenphasen 100 Prozent verdient. Das war schon mein Markenzeichen, in Krisen sehr viel Geld zu verdienen“, sagt Homm heute.
Spurlos verschwunden

Doch im Sommer 2007 taucht Homm unter. Die amerikanische Börsenaufsicht SEC wirft Homm bist heute Kursmanipulationen und Portfolio Pumping vor. „Der Wert der Fonds wurde aufgeblasen“, so Hauke Reimer von der Wirtschaftswoche. „Und Homm profitierte mehrfach durch Provisionen und den steigenden Börsenwert.“ Am frühen Morgen des 18. September 2007 wirft Homm sein Handy in ein Hafenbecken von Palma de Mallorca, macht sich auf zum Privatflughafen und verschwindet spurlos. Die Börse reagiert sofort. Der Aktienkurs von Homms Fondsgesellschaft bricht um 90 Prozent ein.

Homm ist auf der Flucht. Privatdetektive und Kopfgeldjäger sind hinter ihm her, das FBI sucht ihn. Als Florian Homm im März 2013 nach Italien reist, reagiert Interpol sofort. Er wird festgenommen und kommt in Untersuchungshaft. Es sollen die Monate im Gefängnis gewesen sein, die ihn zum Umdenken gebracht haben. Seine Tochter habe ihn im Gefängnis besucht, und da habe es Klick gemacht. „Wenn des trotz des schweren Kreuzes Hoffnung gibt“, so Homm, „dann zweifelst Du nicht mehr, dann akzeptierst Du den Willen Gottes.“
Der Kapitalist Gottes

Als Homm völlig überraschend aus formalen Gründen frei kommt, setzt er sich nach Deutschland ab. Heute verbringt er seine Zeit mit Bücherschreiben und Auftritten, in denen er über seinen Glauben und das Guten im Menschen spricht. „Ich bin dankbar für diese Erleuchtung“, sagt Homm. Nicht jeder nimm ihm diese Rolle ab. Dass viele seine Anleger sehr viel Geld verloren haben, scheint ihn offenbar nicht zu stören. „Warum?“, fragt Florian Homm. „Ich kann doch meinen Job kündigen. Oder hab ich eine Klausel drin, dass ich versklavt bin?“

Über ein halbes Jahr lang hat der Filmemacher Felix von Boehm Florian Homm begleitet. Er zeigt einen Mann, der dicke Zigarren raucht und das Gebet sucht. Und er zeigt einen ehemaligen Manager, der offenbar auch im Glauben das große Rad dreht und die Menschen mit auf seine Mission nehmen möchte.