Im Gespräch geht es auch darum, wie man in schweren Zeiten optimistisch bleibt. Luisa Neubauer bezeichnet sich selbst nicht als Optimistin. Sie sei Possibilistin – sie orientiere sich an Möglichkeiten. Doch die Spielräume sind mehr und mehr eingeschränkt. Denn die Klimakatastrophe wird vom Krieg in der Ukraine und den Krisen in Wirtschaft und Politik überlagert.
Für viele junge Leute spielen moralische Werte heute eine deutlich wichtigere Rolle als für frühere Generationen. Moralische Anschauungen werden eng verbunden mit sozialem, ökologischem, ökonomischem und politischem Handeln. All dies findet sich in der Klimafrage wieder: Was ist eine gerechte Politik, und welche Haltung sichert der Menschheit ihr Überleben?
Auf dem Parteitag der Grünen ließen sich die Delegierten am vergangenen Sonntag von Luisa Neubauer – der Galionsfigur der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung – ins Gewissen reden. Sie feierten sie mit Standing-Ovations, um sich direkt im Anschluss auf Maßnahmen zu verständigen, die nicht dem Klima helfen, sondern die Folgen der Energiekrise abmildern sollen. Der Krieg Putins gegen die Ukraine hat den Kampf gegen den Klimawandel in den Hintergrund gedrängt. Und das, obwohl sich an der Dringlichkeit des Problems nichts geändert hat. Die Moral ist im Zwiespalt: Sie sieht den Klimawandel, muss sich aber einer anachronistischen Welt mit längst überwunden geglaubten, archaischen Territorialkämpfen zuwenden.