Vom Straßenkämpfer zum Außenminister. Die Karriere von Joschka Fischer ist in Deutschlands politischer Szene einzigartig. Wenn er von einer Sache überzeugt ist, zieht er sie durch. Und wenn sich die Umstände ändern, kann er sich mit der gleichen Energie um 180 Grad drehen. Studentenbewegung und APO prägten ihn, aber die Ereignisse des Deutschen Herbstes 1977 führten zu einer Abkehr von radikalen Politikvorstellungen. Als „Turnschuh-Minister“ der GRÜNEN in Hessen wurde er zur Legende, als Bundesaußenminister und Vizekanzler erwarb er sich Anerkennung in der ganzen Welt. Einst war es sein Ziel, Arbeiter zu politisieren und für die Revolution zu gewinnen, als „elder statesman“ berät er nun Großkonzerne in politischen Belangen. Joseph Martin Fischer wurde als drittes Kind und einziger Sohn deutschstämmiger Ungarn 1948 in Gerabronn in Baden-Württemberg geboren. Als erster Nachkomme brach er die Familientradition als er nicht den Beruf des Metzgers ergriff. Er verließ die Schule und eine Fotolehre vorzeitig und trampte durch halb Europa. Zurück in Stuttgart begegnete er den ersten Linksintellektuellen. Bei einer Demo gegen den Vietnamkrieg 1967 kam es zu seinem ersten Zusammenstoß mit der Staatsgewalt. In seinen Frankfurter Zeiten ab 1968 stieg er „vom kleinen Fußsoldaten“ schnell in der Hierarchie der Revolte auf.
Gero von Boehm trifft sich mit Joschka Fischer in der Berliner American Academy und spricht mit ihm über Stationen seines Lebens, über seine heutige Weltsicht und über die Werte und Prinzipien, die hinter dem Denken und Handeln dieses ungewöhnlichen Menschen stehen.