Zwischen Wien und Lissabon spielt sich das äußere Leben der Erika Pluhar ab – an diesen beiden Orten hat Gero von Boehm sie besucht und aus den Gesprächen ein spannendes Portrait geschaffen.
Selten wirkt ein Mensch so verwachsen mit seinem Haus. Als hätte Erika Pluhar vor Jahrzehnten beschlossen, in diesem Haus in Wien mit seinem speziellen Garten Wurzeln zu schlagen. Etwas Verwunschenes liegt über dem Gebäude, den Garten ließ Erika Pluhar gezielt verwildern, der wilde Wein wuchert über die Fassaden und die Fenster, der Wintergarten droht zu verschwinden.
Im Februar 2009 wurde die Pluhar siebzig Jahre alt und sie hat auch für sich beschlossen, der Natur freien Lauf zu lassen. Ohne Schönheitschirurgie und Fitness-Studios möchte sie einfach so in Würde altern. Ihren Geburtstag feierte sie mit einem ausgelassenen Fest in Lissabon, auch in Rückblicken auf ihr bisheriges Schaffen.
In Wien kramt Erika Pluhar in ihrem Privatarchiv. Sie war vierzig Jahre lang Burgschauspielerin, arbeitet als Sängerin und erfolgreiche Roman-Schriftstellerin. Nur so kann sie ihr Leben voller Schicksalsschläge im wahrsten Sinne des Wortes verarbeiten. Am schlimmsten waren die Verluste geliebter Menschen: vor allem der Tod der einzigen Tochter Anna vor neun Jahren. Da war Erika Pluhar lange nicht klar, ob sie weiterleben konnte.
Aber was für ein reiches Leben hätte sie weggeworfen? Als gefeierter Schauspielerin hätte ihr auch eine Karriere in Hollywood offen gestanden. Ihre rauchige Stimme ließ und lässt so manche frühe Schlagersünde verzeihen. Und auch literarisch hat sie einige Achtungserfolge zu verzeichnen. Meist verarbeitet sie Lebenserinnerungen, beispielsweise ihre turbulente Ehe mit André Heller, der den Anstoß zur Gesangskarriere gab, und sie als Sängerin heute noch als heimliche Nachfolgerin von Hildegard Knef und Marlene Dietrich sieht.
Zwischen ihrem verwunschenen Wiener Haus und der wilden Atlantikküste bei Lissabon erschließt sich die Lebensweisheit und Melancholie der Erika Pluhar.