Er gehört als einziger Deutscher zu einer erlesenen Gruppe von Starfotografen, die mit ihren Inszenierungen Mode und Werbung weltweit prägen. Seine Bildergeschichten in kontrastreichem Schwarzweiß haben großen Wiedererkennungswert, jedoch nicht viele wissen, wer Peter Lindbergh ist. Sein Foto mit den Supermodels in weißen Hemden hat die „Vogue“ kürzlich zum besten Bild der 90er Jahre gekürt.
„Deutschland, deine Künstler“ zeigt, was diesen Fotografen ausmacht, der sich in seinem Stil an expressionistischen deutschen Filmen der 20er und am Ausdruckstanz jener Zeit orientiert. Auf dem Fundament einer avantgardistischen Ästhetik und indem das Unprätentiöse des bodenständigen Menschen Lindbergh immer mit einfließt, entsteht etwas Neues, ein unverwechselbarer „verité approach“.
Alles begann vor mehr als 40 Jahren – mit einer billigen, gebrauchten Kamera. Peter Brodbeck, der sich Lindbergh nennen wird, beginnt als Schaufenster-Dekorateur bei Karstadt, fotografiert eines Tages die Kinder seines Bruders und entdeckt so seine Liebe zum Porträt. 1944 wurde er im heutigen Polen geboren und wuchs nach Flucht und Vertreibung im Ruhrgebiet auf, nahe den Rheinwiesen von Duisburg, die Industrieanlagen der Krupp-Stahlwerke im Blick. Seine ersten Bilder erschienen im Kultmagazin Twen, dann auch im Stern. Und plötzlich interessierten sich internationale Magazine wie Vogue, Harper‘s Bazaar, Rolling Stone und Vanity Fair für den Blick des Deutschen, der einen Look in etwas Bedeutendes verwandeln kann.
Der Film führt durch das Turboleben von Peter Lindbergh, zu Shootings in London und New York in die glitzernde Welt der Mode und der Werbung. Aus tausenden Shots wird Lindberg nach eingehender Sichtung nur wenige Aufnahmen auswählen. Auch da ist sein unbestechlicher Blick gefragt. Gero von Boehm begleitet ihn in sein Pariser Privathaus, wo Lindbergh seit Jahrzehnten lebt, und nach Duisburg zu den Landschaften seiner Heimat.
„Ich möchte wirkliche Personen fotografieren, nicht das Model“, sagt Lindbergh. „Was mich interessiert, ist die Wirklichkeit hinter der Fassade.“ Sein Freund Wim Wenders sieht in seinen Fotografien „das Reich eines Mannes, der die Modefotografie – oder besser: überhaupt die Fotografie – hinter sich gelassen und transzendiert hat“. Und deshalb findet Lindbergh heute auch andere Ausdrucksformen. Kürzlich ließ er einen zum Tode verurteilten Kindermörder 38 Minuten lang in eine Filmkamera starren. Lindbergh wollte herausfinden, ob man dem Mörder das Böse ansieht, und kommt zu dem Ergebnis: „Letztlich ist es doch nur eine Frage des Zufalls, ob das Böse bei dir ausbricht.“
Zu Wort kommen unter anderem der Filmregisseur und Fotograf Wim Wenders, der Fotograf Jim Rakete, das Super-Model Lara Stone und der Verleger Lothar Schirmer.