Die Gemälde von Balthus (1908 bis 2001) blieben lange ein Geheimtip – wie der Künstler selbst, der sich zeit seines Lebens hartnäckig und erfolgreich geweigert hatte, Informationen zu seiner Person und seinem Privatleben preiszugeben. Nach Jahren des unsteten Umherwanderns und ständiger Ortswechsel wurde Balthus Ende der siebziger Jahre schließlich sesshaft: im Grand Chalet von Rossiniere, einem noblen, weiträumigen Holzhaus aus dem 18. Jahrhundert, das 1000 m hoch im Herzen des Gruyere liegt. Enge Freunde waren dort gern gesehen; der Öffentlichkeit oder gar den Medien blieb das Haus mitsamt seinen Bewohnern verschlossen. Dem japanischen Photographen Kishin Shinoyama gelang es im Sommer 1993, den Bann zu brechen. Er durfte nicht nur das Grand Chalet und das Familienleben des Malers photographieren, sondern erhielt sogar Zutritt zum „Allerheiligsten“: Balthus‘ Atelier. Sein Buch, mit einem Essay des Journalisten und Dokumentarfilmers Gero von Boehm über „den letzten Verführer in der Kunst“, gibt einen raren Einblick in die Privatsphäre eines Künstlers, dessen Malerei und Persönlichkeit, Lebensstil und Biographie sich zu einem Gesamtkunstwerk des 20. Jahrhunderts fügen.