Precht: Ewige Kriege - Warum die Völker keinen Frieden finden

interscience film im Auftrag des ZDF
21. Mai 2017, 00.00 Uhr, ZDF

Richard David Precht im Gespräch mit General a. D. Harald Kujat.

Krieg in Syrien, Waffengewalt in der Ukraine, Säbelrasseln zwischen Nordkorea und den USA – die bewaffneten Konflikte in der Welt nehmen kein Ende. Aber warum eigentlich? Ein Blick in die Geschichte lehrt uns,  dass seit langer Zeit nirgendwo in der Welt ein Krieg siegreich und zufriedenstellend geführt werden konnte. Längst wissen wir, dass die Streitereien unter den Großmächten und deren Stellvertreterkriege nicht mit Waffengewalt gelöst und beendet werden können. Kein gewaltsamer Versuch eines System-Changes hat je den gewünschten Erfolg gebracht, sondern die Lage im Irak, in Libyen oder in Syrien nur noch verschlimmert.

Warum gibt es, fast dreißig Jahre nach dem Mauerfall, immer noch jene Blöcke, Frontlinien und Kriege? Darüber redet Richard Precht mit Harald Kujat, dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr und früheren Vorsitzenden des NATO-Sicherheitsrats.

Die aktuelle Weltlage erweckt immer mehr den Eindruck, als sei man heute kaum noch ernsthaft interessiert an Friedensverhandlungen, verbindlichen Abkommen oder Erklärungen über freundschaftliche Zusammenarbeit. Staaten suchen kaum mehr nach dem Verbindenden, sondern nach der Abgrenzung zueinander. Separatismus, Nationalismus, Okkupation und Sicherung von Marktvorteilen und günstigen Ressourcen beherrschen die Entscheidungen der Staatslenker – besonders in der westlichen Welt.

Obgleich sie vor 10 Jahren schon überwunden schienen, werden die Feindbilder aus Zeiten des kalten Krieges wieder neu beschworen. Geht vom heutigen Russland tatsächlich eine reale militärische Bedrohung aus? Sind die Vereinigten Staaten unter Trump tatsächlich noch ein Garant für ein starkes westliches Bündnis?

Auch die NATO ist ein Konstrukt des kalten Krieges. Doch ist ein militärisches Bollwerk gegen den Osten heute noch zeitgemäß und überhaupt notwendig? Ist die Idee eines Russland-Beitritts, wie ihn Gorbatschow und Putin schon vorschlugen, ein völlig absurder Gedanke oder möglicherweise der entscheidende Schritt zur friedlichen Koexistenz nicht nur in Europa?

Ist die NATO mehr als nur ein strategisches Zweckbündnis? Einen sich ihre Mitglieder auch in der Absicht, gesellschaftliche und ethische Werte zu teilen und zu bewahren? Wie muss die NATO dann ihren Partner Türkei bewerten und behandeln?

Die Vereinten Nationen und der UN-Sicherheitsrat galten ursprünglich als Garant für den Weltfrieden. So gut wie alle Staaten dieser Erde haben sich dort zur Gewaltfreiheit verpflichtet. Dennoch schweigen die Waffen nicht, werden unter dem zweifelhaften Deckmäntelchen eines berechtigten Präventivschlages Raketen abgeschossen, fliegen Kriegsdrohnen lautlose Angriffe, und verlieren tausende Zivilisten zwischen den Fronten ihr Leben.

Bedarf es einer weitreichenden Reformation der UNO, damit sie auch die tatsächliche Macht erhält, solitärer Kriegstreiberei Einhalt zu gebieten? Muss das Vetorecht und die Zusammensetzung des Sicherheitsrates in seiner jetzigen Form hinterfragt werden? Ohne wirksame Zentralgewalt ist ein Völkerrecht nicht durchsetzbar. Das wussten schon Kant und Fichte. Ein „Völkerbund“ soll die Einhaltung zwischenstaatlicher Verträge kontrollieren und die Macht haben, das Recht durchzusetzen. Damit trete – so Fichte – der „ewige Friede ein; das einzige rechtmäßige Verhältnis der Staaten.“
Ist der Weltfriede heute also mehr denn je nur eine Illusion, oder sind konkrete Maßnahmen denkbar, die ihn langfristig sichern könnten?