Precht

interscience film im Auftrag des ZDF

Die Kunst des klaren Denkens
„Precht“ – das neue Philosophieformat im ZDF

In den späten achtziger Jahren versuchte Marcel Reich-Ranicki die damalige ZDF-Geschäftsleitung mit einem unerhörten Ansinnen zu schockieren: Eine Gesprächssendung aufzuführen ohne Filmeinspielungen, ohne Musikeinlagen; vier Literaturkritiker, die ausschließlich über aktuelle Bücher sprechen, die zumeist, weil sie eben so aktuell sind, den Zuschauern unbekannt sind. Mehr Purismus ging nicht mehr – und der Literaturpapst war geradezu erstaunt, als sich das ZDF auf dieses maximale Minimalkonzept einließ. Mit einigem Erfolg, wie sich alsbald herausstellen sollte.

Worte und nichts als Worte im bildertrunkenen Fernsehen – wie soll das denn gehen? Ganz gut, wie ich finde, hat doch nicht nur die Literatur, sondern auch die Philosophie im ZDF schon lange einen anerkannten Platz inne. Ob bisher im „nachtstudio“ oder im „Philosophischen Quartett“: Für viele unserer Zuschauer war das laute Nachdenken, sind die die häufig überraschenden Einblicke und manchmal provozierenden Ausblicke am späten Sonntagabend zum wertvollen und anregenden Wochenausklang im Fernsehen geworden.

Das wollen wir fortsetzen und schlagen nun zugleich ein ganz neues Kapitel auf: „Precht“ kommt! Das ZDF freut sich auf Richard David Precht, den Philosophen, der wie kein Zweiter in Deutschland das Modell des bürgernahen, sichtbaren, engagierten Intellektuellen etabliert hat, wie die ZEIT einmal attestierte. Ein junger homme de lettres, öffentlich und öffentlichkeitswirksam, so wie es ihn allenfalls in den angelsächsischen, hispanischen oder französischsprachigen Kulturen gibt. Ein Denker mit Abstand zum akademischen Elfenbeinturm, ein eminenter Erzähler, ein nimmersatter Weltenbummler in den Gefilden der abendländischen Philosophie, der so anschaulich und vergnüglich über die schwierigsten Fragen unseres Lebens schreibt, dass seine Werke zu phänomenalen Auflagenhöhen kamen und kommen. Anfangs übrigens nicht ganz ohne hilfreiche Unterstützung aus dem ZDF. Es war Elke Heidenreich, die 2008 in ihrer Sendung „Lesen!“ Prechts Buch mit dem zum geflügelten Wort gewordenen Titel „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ einer großen Öffentlichkeit als „unverzichtbar“ angepriesen und damit fast über Nacht zu einem Longseller gemacht hat.

Nun also „Precht“. Mit diesem neuen Format wollen wir im ZDF auf die Suche nach den großen Fragen unseres Lebens, unserer Gesellschaft gehen. „Philosophie“, so Precht in einem ZDF-Interview, „ist der Versuch, unser alltägliches Leben zu durchdringen und das, was wir oft für selbstverständlich halten, zu hinterfragen und auf neue Weise verständlich zu machen.“ Damit hat er auch schon die Richtung unserer neuen Sendung definiert.

In diesem Sinne stellt Richard David Precht in jeder Ausgabe eine konkrete Frage, die unsere Zuschauer umtreibt, die unsere Gesellschaft aktuell beschäftigt. Es geht nicht nur um die Klärung von grundlegenden Begriffen, wie etwa Fragen zur Moral, zum Verhältnis des Menschen zur Natur, zur Liebe oder etwa zum Phänomen des Bösen. Es wird auch um die Probleme gehen, die uns politisch beschäftigen, wie die Schuldenlast, die Krise des Kapitalismus oder Fragen der Bildung und Erziehung. Das Konzept ist pur, direkt, unmittelbar. Nur einen, ausnahmsweise auch mal zwei Gäste lädt Precht in sein nächtliches Studio zum intensiven Gedankenaustausch ein. Es wird kein Publikum anwesend sein. Die Kameras sind ganz nah dran, wenn sich hochrangige Pragmatiker aus Wirtschaft und Politik oder wegweisende Denker aus Kultur und Wissenschaft mit Precht auseinandersetzen. Denken trifft auf Handeln, Wissen auf Erfahrung. In diesem neuen ZDF-Kulturtalk geht es um anwendbare Erkenntnisse. Precht und seine Gesprächspartner sammeln diese, ordnen sie ein, wägen sie in ihrer Richtigkeit und Tauglichkeit ab. Ein scheinbar spartanisches Konzept, das auf Sprache und Konzentration vertraut, allerdings mit einer leuchtenden, ganz und gar filmisch anmutenden Optik. Unter dem modernen Kronleuchter des Stardesigners Ron Gilad, der mit einem Bündel krakenartiger klassischer Bürolampen bestückt ist, sollen die Gedanken fliegen können, jedes Gespräch ein Endspiel, zum Vergnügen und zum Gewinn unserer Zuschauerinnen und Zuschauer.

Peter Arens
Leiter der ZDF-Hauptredaktion Kultur und Wissenschaft


Hier geht’s zum Interview mit Regisseur Gero von Boehm:

>>„Denken Live“<<