Gero von Boehm begegnet… Hans Magnus Enzensberger

11.09.2006, 22.25, 3sat

Hans Magnus Enzensberger ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Lyriker, viel diskutierter brillanter Essayist, Kultur- und Zivilisationskritiker, Dramatiker, Übersetzer und Herausgeber. Kaum ein Thema, das die Welt bewegt, lässt er unkommentiert. So im April 1999, als er im Jugoslawienkrieg die Bewaffnung der Kosovo-Albaner forderte und 2003 als einer der wenigen deutschen Intellektuellen den von den Vereinigten Staaten forcierten Irakkrieg verteidigte oder mit seiner Streitschrift „Schreckensmänner“ Selbstmordattentäter ins Visier nimmt. In den 50er Jahren war Enzensberger Mitglied der legendären „Gruppe 47?. In den 60er Jahren ging er als Berater Castros nach Kuba und als die Studentenunruhen begannen, zog er nach Berlin. „Ich musste doch dabei sein, wenn es in Deutschland schon mal eine Revolution gibt.“

Geboren wurde Hans Magnus Enzensberger 1929 in Kaufbeuren im Allgäu. Zusammen mit drei jüngeren Brüdern wuchs er in Nürnberg auf. Erste literarische Versuche datieren von 1944/45 als er zum Volksturm eingezogen wurde. Nach dem Krieg machte er Abitur, studierte, u.a. an der Sorbonne in Paris, und promovierte 1955 zum Dr. phil. 1957 gab er seinen vielbeachteten Einstand als Lyriker mit dem Gedichtband „Die Verteidigung der Wölfe“. Von Anfang an wurde er nicht nur als Dichter, sondern vor allem als Kritiker der bundesdeutschen Wirtschaftswunder- gesellschaft wahrgenommen. Und das ist bis heute unverändert, ob Bildungspolitik, Asylrecht oder der Mythos des Fortschritts, Enzensberger analysiert und kommentiert scharfzüngig die Geschehnisse in seinem Heimatland. Zudem ist er ist einer der wenigen deutschen Intellektuellen, die auch im Ausland hohes Ansehen genießen. In Paris schätzt man ihn als Philosophen.

Seit 1979 lebt der viel geehrte Dichter, der nicht gern im Rampenlicht steht, in München.