Gero von Boehm begegnet… Günter Wallraff

03.09.2007, 22.25, 3sat

Er war wieder einmal Undercover unterwegs, lieh sich von einem Freund die Identität und sammelte diesmal als Michael G. Erfahrungen in Callcentern. Der Schriftsteller Günter Wallraff war schon als Türke Ali in den achtziger Jahren „Ganz unten“. Davor hatte er sich beim Gerling-Konzern und der BILD-Zeitung eingeschleust. Zwar kostet es ihn Überwindung, Menschen zu spielen, die er nicht sein will, aber mit dieser besonderen Art der Recherche macht er sehr erfolgreich auf Missstände in Deutschland aufmerksam.

Begonnen hat Günter Wallraff nach einer Buchhändlerlehre zunächst mit lyrischen Gedichten. In den 60er Jahren verfasste er Reportagen über seine Arbeit in verschiedenen Großbetrieben, schrieb für die Hamburger Morgenpost, „Pardon“ und „Konkret“. Trotz sogenannter „Wallraff-Steckbriefe“ gelang es ihm immer wieder, sich Zugang zu unterschiedlichsten Bereichen zu verschaffen.

Umstritten war er schon während seiner Zeit bei der Bundeswehr. Nachdem sein Antrag auf Kriegsdienstverweigerung abgelehnt wurde, weigerte er sich beharrlich, eine Waffe in die Hand zu nehmen. Zur Beobachtung wies man ihn deshalb in die psychiatrische Abteilung eines Bundeswehrlazaretts ein und entließ ihn später als „abnorme Persönlichkeit, für Krieg und Frieden untauglich“.

Schlagzeilen machte er in den vergangenen Jahren immer wieder, als im Zusammenhang mit seiner Person Spekulationen über eine inoffizielle Mitarbeitertätigkeit für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit auftauchten.

Gero von Boehm trifft sich mit dem Schriftsteller, der weiter aufdecken will, im Kölner Viertel Ehrenfeld, wo er seit Jahrzehnten zuhause ist.