Gero von Boehm begegnet… Christian Berkel

03.08.2009, 22.25, 3sat

Mit vier Jahren wollte er Stierkämpfer werden, aber als er zwei Jahre später im Theater „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ sah, hatte er ein anderes Ziel: Er wollte Schauspieler sein, immer wieder in andere Rollen schlüpfen, immer wieder ein Anderer sein können, ein ganzes Leben lang. Mit zehn Jahren konnte er den ersten Akt vom „Faust“ auswendig und spielte es seinen Stofftieren vor. Mit vierzehn Jahren ging er nach Paris zu Freunden seiner Eltern, weil es ihm zuhause zu eng wurde. Ein Jahr später hatte er erreicht, dass er an der Comédie Francaise Schauspielunterricht erhielt. Mit 16 Jahren kehrte Christian Berkel nach Berlin zurück, ging aufs französische Gymnasium und nahm Schauspielunterricht an der deutschen Film- und Fernsehakademie.
Heimat war aufgrund seiner Familiengeschichte damals für ihn sehr ambivalent und er beneidete die Franzosen um ihren Nationalstolz und das eindeutige Zugehörigkeitsgefühl. Seine jüdische Mutter floh 1938 aus Deutschland und ging nach Paris. Später schaffte sie es, bis 1945 in Berlin im Untergrund zu leben. Sie verliebte sich und bekam einen Sohn, Berkels älteren Bruder. Nach dem Krieg wanderte sie nach Argentinien aus und blieb mit ihrem Kind zehn Jahre in Buenos Aires. Zurück in Berlin fand seine Mutter die Nummer ihres früheren Geliebten im Telefonbuch. Es kam zum Happy End und 1957 wurde Sohn Christian geboren.
Seit mehr als dreißig Jahren ist Christian Berkel mittlerweile im Film- und Fernsehgeschäft. Er gehört zu den erfolgreichsten deutschen Schauspielern und ist einer der wenigen, die auch international einen Namen haben. Seine Karriere begann er am Stadttheater in Augsburg, später spielte er an Bühnen in Düsseldorf, Bochum, München, Wien und Berlin. Zu Beginn seiner Film- und Fernsehkarriere war er häufig auf Schurkenrollen festgelegt, heute arbeitet er mit Regisseuren wie Paul Verhoeven, Bertrand Tavernie und zuletzt Quentin Tarantino für das Weltkriegsdrama „Inglourious Basterds“, das in diesem Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes uraufgeführt wurde und im August in die deutschen Kinos kommt.
Bis heute interessiert Berkel an den Figuren, die er spielt das Fremde, das was er selbst nicht ist. Und zunehmend gereizt haben ihn in den letzten Jahren ambivalente, geheimnisvolle Typen, die nicht einzuordnen sind, die ihr Geheimnis bewahren. Etwas was er auch seit zwei Jahren als Bruno Schumann in der ZDF-Reihe „Der Kriminalist“ verkörpert.
Christian Berkel lebt mit der Schauspielerin Andrea Sawatzki und ihren beiden Söhnen in Berlin. Gero von Boehm traf den Schauspieler und seine Frau in Paris.