Der getunte Mensch – Wie perfekt wollen wir sein?

interscience film im Auftrag des ZDF
8. April 2013, 00.05 Uhr, ZDF


Richard David Precht im Gespräch mit der Schriftstellerin Juli Zeh.

Im Mittelpunkt dieser Sendung, mit der Schriftstellerin Juli Zeh als Gast, steht der Mensch mit seinem Wunsch nach Perfektion. Noch nie in der Geschichte haben sich Menschen so sehr mit sich und ihrem Körper beschäftigt wie heute. Wir optimieren unser äußerliches Erscheinungsbild, unsere Gesundheit und demnächst vielleicht sogar unsere Gene.

Wir wollen perfekt sein, absolut vollkommen. Die Vollkommenheit und Fitness unseres Körpers ist zum Marketing-Instrument geworden. Nicht nur im Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt sondern auch im ganz privaten Leben. Eine neue Schere öffnet sich. Die Wohlhabenden können sich die Gesundheits-Konditionierung leisten, die Ärmeren nicht.

Im Gespräch mit der Schriftstellerin Juli Zeh möchte Richard David Precht dem Phänomen des sogenannten Self-Enhancements, also des Strebens nach Perfektionierung eines eigentlich gesunden Körpers, auf die Spur kommen. Ist es wirklich eine neue Erscheinung? Wie hat sich das Verhältnis zu unserm Körper und dessen Unzulänglichkeiten menschheitsgeschichtlich eigentlich entwickelt? Wie entstand die besondere Wertschätzung des Körpers über das reine Funktionieren hinaus? Wann erfand die Philosophie die Unterscheidung zwischen Körper und Geist/Seele, und welche Bedeutung hat das Körperliche in der Philosophie?

Die Marktnormen verdrängen die Sozialnormen immer mehr. Soziologen beobachten, wie es Teenagern immer schwerer fällt, aufgrund ihrer hoch gesteckten Erwartung an die körperliche Makellosigkeit und Attraktivität eines potentiellen Partners, reale Beziehungen einzugehen. Was wird eigentlich aus unserer Gesellschaft und unserem Zusammenhalt, wenn jeder sich nur noch für sich selbst interessiert? Schon heute ist der Ton zwischen jenen, die aus eigener Tasche in ihre Gesundheit und Fitness investieren, und jenen, die ihre Gesundheit aus eigener Tasche zu ruinieren scheinen (Raucher, Alkoholkonsumenten, Risikosportler oder Fastfood-Konsumenten) rauer geworden. Wie lange noch wird eine solche Gesellschaft bereit sein, ein Gesundheitssystem mitzutragen, das durch jene „unvollkommenen“ Menschen drastisch verteuert wird? Letztlich stellt sich dann die Frage, wie denn unsere Gesellschaft mit Menschen umgeht, die nur deshalb durch das Raster der Optimierungsansprüche zu fallen drohen, weil sie mit einer Behinderung leben.